Blog vom 7. und 8.12.2023
Geschrieben von Steffi und Bernd
Die Hundewache zwischen 0100 und 0400 Uhr ist eigentlich eine sehr schöne. Absolute Ruhe im Schiff, Sternenhimmel und Meeresleuchten, Rauschen der Wellen, Gedanken schweifen und die Seele baumeln lassen… eigentlich.
So stellt man sich die Nachtschicht vor. Während der Reise erlebten wir es genau so wie oben beschrieben. Und tatsächlich begann die Arbeitszeit so. In dieser Nacht jedoch war es etwas anders. Der Mond versteckte sich hinter einigen Wolken, denen wir schon bald beim Verzehr einer Tüte Goldbärchen unsere Aufmerksamkeit schenkten.
Eine kleine, schwarze Wolke, recht unscheinbar anfangs, entwickelte sich in atemberaubender Geschwindigkeit zu einer beträchtlichen Wand. Diese Wand teilte sich erfreulicherweise und der befürchtete Squall zog an uns vorbei, dachten wir. Schlagartig wurde es kohlrabenschwarz, kein Stern, kein Mond, einfach nur dunkel. Steffi meinte bei dem einsetzenden leichten Regen nur mal kurz ihre Jacke überziehen zu wollen. Als sie wieder im Cockpit erschien, war Bernd schon einmal frisch gewaschen. Wir rollten blitzschnell die Genua deutlich weg und das Schiff lief unbeirrt ruhig durch das Meer. Es schüttete derart, dass auch unter Deck einige Sportkameraden wach wurden. Bademeister Werner erklärte, alle Oberlichter und Seitenfenster geschlossen zu haben. Thorsten und Mark krabbelten frühzeitig aus den Kojen, beobachteten mit uns das Wetter, hatten Mitleid mit uns und schickten uns früher in den Feierabend. Mittlerweile war auch Steffi trotz Öljacke komplett durchnässt. Die nas
se Wäsche zierte dann tagsüber größere Teile der Reling.
Ansonsten rauschten wir sehr zügig unserem Ziel entgegen. Da das Seegras deutlich abgenommen hatte, wurde die Angel mit dem Köder namens Steffi noch einmal ausgeworfen, allerdings ohne messbaren Erfolg.
Tagsüber begegneten uns die ersten Tölpel, drei begleiteten uns eine Zeit lang.
Die Nacht zum heutigen Tag war auch wieder nicht so, wie wir uns für die letzten Wachen gewünscht hätten. Unsere Vorwache begrüßte uns mit den frohen Worten: Wir haben mal die Genua weggerollt, da kommt eine große schwarze Wolke und vor uns ist das Licht eines Seglers, das gerade über der Kimm erschienen ist.
Nicht schon wieder!
Doch der Reihe nach: Das Licht des vermeintlichen Seglers in der vermeintlichen Kimm entpuppte sich sehr schnell als die Kennung einer ODAS-Tonne, die mitten im Atlantik Wetterdaten sammelt und durch eine kleine Kursänderung schnell querab und achteraus lag.
Nun schlugen die Wettergötter zu. Da wir aber lernfähig sind, waren wir gerüstet, hatten Ölzeug angezogen. Was folgte, war jedoch kein Starkwindgebiet, vielmehr Winddrehungen um bis zu 90 Grad, so dass wir nach längerer Beobachtung entschieden, die Schiffsführung aus den Kojen zu holen. Die nächsten zwei Stunden verbrachten wir gemeinsam mit Thomas und Tanja mit verschiedenen Segelmanövern, Wende, Halse, Segel bergen, Segel setzen, Schoten fieren, dichtholen, Bullenstander umsetzen… Unterbrochen wurden unsere Arbeiten durch starke Regenschauer. Um sieben Uhr morgens war der nächtliche Spuk vorbei und wir freuten uns, trocken in die Kojen zu fallen.
Ein weiterer Trugschluss, denn in dieser Nacht feierte die Einführung des Wasserbetts auf der Adrienne Premiere. Steffis fürsorglicher Kabinengenosse hatte, um ausreichende Frischluftzufuhr besorgt, mal kurz das Seitenfenster offen gelassen. Sein Bett blieb komplett trocken… Zu seiner Ehrenrettung sei jedoch erwähnt, dass er Steffi doch glatt den Kopfkissentausch anbot.
Was heute sonst so passierte: Peter vollendete seine über 1000seitige Reiselektüre, Werner resetete mal kurz sein Handy (der Arme), Gespräche über bevorstehende Alkoholexzesse und zwischendurch immer mal wieder kleine Reffübungen wegen unübersichtlicher Wetterlage. Die Phantasie der Crew schlägt Purzelbäume in Anbetracht der nur noch weniger als 100 Seemeilen entfernten Ziellinie. Peter schrieb sich bereits für den Wettbewerb im 100m-Dauerduschen ein, Steffi trinkt in Gedanken bereits ein eisgekühltes Carib (Bier), Bernd träumt vom Barbershop, Thorsten von gigabytestarken Datenpaketen, Mark plant den Coup, schnellstmöglich WLan-Verbindungen zu entdecken und entern. Bei Werner wissen wir es nicht genau, aber wir denken, dass er davon träumt, mal eine Nacht sich wieder richtig in seinem Bett bewegen zu können, ohne ins Leesegel zu rollen. So hängt jeder irgendwie seinen Gedanken nach.
Abschliessend nur ein kleiner Hinweis. Morgen wird vermutlich kein Betrag entstehen, da wir unseren Erfolg feiern wollen.
Übermorgen, wenn sich die Kopfschmerzen gelegt haben, werden wir sicher auch über den Zieleinlauf berichten.
Ihr habt es geschafft, hurra! Genießt das Carib, den Rum, den Barber Shop, das WLAN und alles andere, worauf Ihr Euch gefreut habt; und vor allem das geniale Gefühl, dass Ihr es geschafft und den langen Törn gemeistert habt. Es war toll, Euch über den Blog begleiten zu können. Wir freuen uns schon auf Bilder und ausführliche Berichte.
Viele Grüße aus dem Tauwetter in Deutschland!