Freitag, 02.12.2022
Heute sitzt Harald an der Blogschreibmaschine, für die dadurch etwas ich-lastige Schreibweise bitte ich um Nachsicht.
Das Abendessen gestern war wieder einmal ein kleines Highlight, und setzte die Reihe damit fort. Es gab gut gewürztes Curryhuhn mit Reis, dazu selbstgebackenes Tandoor-Brot. Wer wollte, konnte sich dieses kulinarische Schmankerl noch mit einer super scharfen Sauce verfeinern. So ging der Abend geruhsam zu Ende, und Paule und ich, die wir zusammen die erste Nachtwachenschicht hatten eilten, uns noch schnell eine Mütze Schlaf einzufangen. Christian hatte mir gestern noch eine Tube Panthenol gereicht, mein Sonnenbrand sah schlimmer aus, als er war.
Nachtwache, 2300 bis 0300 UTC.
Ich wurde empfangen von einem Sturzregen, der aufs Deck prasselte und einer steifen Briese, die übers Meer fegte. Paule schaute mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Schlaftrunkenheit den Niedergang herauf. Aber als erfahrener Segler war er schnell gefasst. Thomas und Tanja waren auch da und kontrollierten die Situation. „Fieren!“ Rief mir Thomas entgegen, ich stand grad an der Winsch, und fierte schnell noch die Großschot, als eine heftige Böe die Adrienne nach steuerbord drückte. Die hätte ich wohl nicht gesehen.
Spätestens jetzt war uns klar, dass uns ein Squall erwischt hatte, wie er im Buche steht. Leider hatte sich auch der Wind gedreht und wir fuhren wesentlich mehr nordwärts, als es uns lieb war.
Eigentlich hatte der Wetterbericht eine vor uns liegende Zone mit sehr schwachem Wind vorhergesagt! Stattdessen peitschten Böen über das Wasser und ringsum war alles gleichmäßig grau, unheimlich beleuchtet von einem Mond, der kaum auszumachen war. Meine Regenjacke hielt ganz gut, allerdings hatte ich nicht die richtige Hose an und das Wasser rann in Strömen in meine Schuhe.
So harrten wir über 2 Stunden an Deck aus, ohne dass sich irgendwo ein Aufreißen der tiefhängenden Wolkenschicht abzeichnete. Paule erklärte mir, dass es sich hier nur um ein lokal begrenztes Ereignis handelt. Meine Zuversicht wuchs.
Dann begann sich alles wieder zu beruhigen. Nach und nach erschienen immer mehr Sterne, die sich einen Blick durch die Wolkenfetzen wagten, auch der Mond zeigte uns bald seine Position. Tanja und Thomas verabschiedeten sich erschöpft, Paule und ich führten unsere Wache in einer vergleichbar ruhigen Nacht zu Ende.
In der Früh weckte mich Getöse an Deck, noch zu müde von meinem gestrigen Rudergängerlehrgang und der unruhigen Nacht verpasste ich es leider, dass die Genua eingeholt und stattdessen der Spinnaker gesetzt wurde. Schade.
Mittlerweile waren wir der windarmen Zone (das Wort „Fl__te“ ist tabu) sehr nahe gekommen und drifteten an derem Rand entlang. 10 Knoten Wind machten uns schon fast euphorisch. Dazu ständig misstrauisch den Horizont im Blick, wo Wolken erkennen ließen, dass sich ständig neue Squalls abwechselnd bildeten und wieder in sich zusammenfielen.
Auch ein Funkkontakt zur „Emely Morgan“ kam zustande – herzliches Grußaustauschen.
Dann, am Nachmittag nochmals Segel umbauen, die Genua und die Solent wurden aufgezogen. Nun harren alle den Ereignissen der kommenden Nacht…
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